Was sehen wir wirklich, wenn wir Pferde beobachten? Und was sagt uns ihr Verhalten – jenseits von gewohnten Deutungsmustern oder menschlicher Interpretation? Dieses Tagesseminar widmet sich der ethologischen Betrachtung des Pferdes, also der wissenschaftlichen Beobachtung und Interpretation seines Verhaltens in der Herde. Ziel des Kurses ist es, die Wahrnehmung der Teilnehmenden für pferdetypisches Ausdrucksverhalten zu schulen und ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, um soziale Interaktionen zwischen Pferden systematisch zu erfassen, einzuordnen und daraus fundierte Rückschlüsse - auch für die therapeutische Arbeit - zu ziehen
Kursort | Termin | Verfügbarkeit |
Dülmen | 18.09.2026 - 18.09.2026 | Zur Buchung |
Der Seminartag beginnt im Unterrichtsraum mit einer theoretischen Einführung in die Ethologie – der Lehre vom natürlichen Verhalten von Tieren. Anders als in vielen herkömmlichen Ansätzen geht es hier nicht um die Frage, warum ein Pferd sich in einer bestimmten Weise verhält, sondern darum, was genau beobachtet werden kann. Diese Perspektive schafft eine größere Offenheit für die Vielfalt des Ausdrucksverhaltens und hilft dabei, vorschnelle oder subjektive Bewertungen zu vermeiden. Gemeinsam mit Dr. Cathleen Wenz erarbeiten die Teilnehmenden eine strukturierte Vorgehensweise zur Beobachtung von Pferden in Gruppen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Rolle des Leittieres sowie auf der Interaktion innerhalb sozialer Beziehungen. Ziel ist es, Verhaltenseinheiten so zu erfassen, dass ein Ethogramm – ein Verhaltensinventar – entsteht, das als Grundlage für spätere Beobachtungen dient.
Nach der Mittagspause folgt der praktische Teil des Seminars, der einen besonderen Höhepunkt darstellt: der Besuch der Wildpferdeherde im Merfelder Bruch bei Dülmen. Diese Herde ist in Deutschland einzigartig – sie lebt seit vielen Jahrzehnten nahezu unbeeinflusst vom Menschen in einem weitläufigen, geschützten Gebiet. Die Pferde leben in festen Sozialstrukturen, wählen ihre Bindungen und Rangordnungen selbst und zeigen ein natürliches, unverfälschtes Verhalten, das in dieser Form bei domestizierten Pferden nur noch selten zu beobachten ist.
Vor Ort gibt Försterin Frederike Rövekamp exklusiv für die Teilnehmenden Einblicke in die Geschichte und Besonderheiten der Herde. Sie berichtet aus erster Hand über das Leben der Pferde im Jahreslauf, über Beobachtungen aus der Praxis und über die Herausforderungen, die mit der Betreuung einer freilebenden Herde einhergehen. Anschließend haben die Teilnehmenden ausreichend Zeit für eigene Beobachtungen. Mit dem zuvor erarbeiteten Ethogramm in der Hand können sie gezielt Verhalten erfassen, dokumentieren und erste Interpretationen vornehmen – in einer Umgebung, in der Pferdeverhalten nicht nur sichtbar, sondern unmittelbar erlebbar wird.
Nach der Rückkehr ins DIPO erfolgt eine gemeinsame Auswertung der Beobachtungen. Dabei geht es nicht nur darum, das Gesehene einzuordnen, sondern auch darum, Unterschiede und Parallelen zwischen Wild- und Hauspferden zu erkennen. In der Reflexion wird deutlich, wie stark äußere Umstände wie Haltung, Gruppenzusammensetzung und menschliche Einflüsse das Verhalten eines Pferdes mitbestimmen. Die Teilnehmenden erhalten Impulse, wie sich das gewonnene Wissen konkret in den eigenen Alltag als Therapeut, Trainer oder Pferdebesitzer integrieren lässt.
Dieses Seminar richtet sich an Pferdeosteopathen, -physiotherapeuten und andere Fachleute aus dem therapeutischen oder trainingsbezogenen Bereich genauso wie an engagierte Reiter und Pferdebesitzer, die ihr Verständnis für das Wesen und Verhalten des Pferdes vertiefen möchten. Die Mischung aus fundierter Theorie, intensiver Praxis und außergewöhnlicher Beobachtungsmöglichkeit macht diesen Tag zu einem intensiven, erkenntnisreichen Erlebnis.
Sichern Sie sich jetzt Ihren Platz und erleben Sie Pferdeverhalten neu – klarer, fundierter und freier von Interpretation. Die Plätze sind begrenzt.